In der Übersicht
Kaum ein erzählendes Buch der Bibel macht die eigene Fiktionalität so transparent, wie das Buch Judit, mit einer «schrägen» Geographie, einem offensichtlich ahistorischen «Assyrerkönig Nebukadnezzar», dessen mächtigen, unbekannten Feldherrn Holofernes oder der kleinen, grossen jüdischen Stadt Betulia – und mit einer fantastischen Erzählung, in der Judit, «die Jüdin», den Feind Israels verführt und diesem den Kopf abschlägt. Das, wovon des Buch Judit aber eigentlich erzählt, ist und bleibt grausame Realität: Enthemm te Gewalt gegen das jüdische Volk und der fanatische Versuch, dieses endgültig zu vernichten. Die Judit-Erzählung durchleuchtet diesen Hass und reflektiert die Möglichkeiten des Widerstandes, v.a. aber bietet es ein theologisches Nachdenken über die Frage nach den Voraussetzungen und Gründen des Überlebens Israels inmitten der existenziellen Bedrohung.
Die Vorlesung versucht diese «Theologie der Gewalt» im Juditbuch anhand einer detaillierten Exegese zentraler Textpassagen nachzuzeichnen, wobei ein besonderes Augenmerk den Reden und Gebeten der Judit (Jdt 8-9; 16) und deren zahlreichen, theologisch bedeutsamen Bezügen in (protokanonisch) biblische Texte hinein gelten wird.